Die Geschichte orthodoxer Gemeinden und
Diözesen in Deutschland nehmen bereits im 17. Und 18. Jahrhundert ihre Anfänge. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Aktivität der Gemeinden ausschließlich lokaler Natur und beruhte auf russisch- oder griechisch-deutschen wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen.
In der Zeit zwischen des Ersten und Zweiten Weltkriegs hatte die russisch-orthodoxe Kirche in Europa mit inneren Spannungen zu kämpfen. So kam es 1923, in Folge der damaligen kommunistischen Machtergreifung in Russland, zur Gründung der Russisch-Orthodoxen Kirche im Ausland. Diese russisch-orthodoxe Auslandskirche gehörte zeitweilig zur serbisch-orthodoxen Kirche - ohne dabei der Leitung des Ökumenischen
Patriarchats von Konstantinopel zu unterliegen. Einige russisch-orthodoxe Christen in Europa erkannten die Verwaltungshoheit des Ökumenischen
Patriarchen an und schlossen sich im Westeuropäischen
Exarchat des Patriachats von Konstantinopel zusammen.
Im Oktober 1946 wurden die orthodoxen Gemeinden des Moskauer Patriarchats in Deutschland in das neu errichtete Mitteleuropäische Exarchat der Russischen Orthodoxen Kirche unter der Leitung von Erzbischof Sergius von Wien (Koroljow) aufgenommen. Zudem wurde in den 1950er Jahren nach Beschluss der Heiligen Synode das „Dekanat der russisch-orthodoxen Kirchen in Deutschland" in das westeuropäische Exarchat aufgenommen. Die Berliner Diözese wurde wiedererrichtet und wurde 1960 zum Diözesenzentrum des mitteleuropäischen Exarchats. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden vom Moskauer Patriarchat die drei Diözesen (Berlin und Leipzig, Baden und Bayern, Düsseldorf) zu einer einzigen Diözese (der Diözese von Berlin und Deutschland) vereinigt.
Es besteht die Meinung, dass orthodoxe Gemeinden in Deutschland nur für vorübergehend und nur für Immigranten gewesen seien. Doch allein im Zeitraum von 1922 bis 2007 stieg die Anzahl der Gemeinden von zwölf auf einundzwanzig. Diese Tatsache allein zeigt deutlich, wie die Kultur und Traditionen der russisch-orthodoxen Kirche immer mehr Menschen erfasste – nicht nur Russen. Viele sehen in der orthodoxen Kirche den Bewahrer der Traditionen der ersten Christen: das Streben nach einem frommen Leben, Fasten, Gebet und die theologische Tiefe.
Die Kirchengemeinden in Deutschland werden von den staatlichen Behörden traditionell mit Respekt und Vertrauen behandelt. Dieses Privileg gilt auch gegenüber christlich-orthodoxen Gemeinden. Die Anzahl der christlich-orthodoxen Gemeinden in Deutschland ist nicht groß. Doch dort, wo sie sich befinden, zeichnen sie sich durch soziales Engagement vor Ort und der somit eingehenden Unterstützung zwischen den Menschen innerhalb, sowie auch zu denen außerhalb der Kirche, aus.
Unsere Gemeinde wurde in den 1960er Jahren gegründet und ist nach dem Hochfest der Mariä Schutz und Fürbitte benannt. Dieser Feiertag ist nicht nur ältester Tradition, sondern wird bis heute vom russischen Volk hochverehrt und gefeiert. Dieses Hochfest gedenkt der Erscheinung der Gottesgebärerin in der Sankt-Maria-von-Blachernae-Kirche in Konstantinopel im Jahre 910. Damals rettete die Gottesgebärerin das betende orthodoxe Volk vor feindlichen Invasoren. Die heilige Jungfrau Maria erschien in Begleitung von Engeln und Heiliger, und legte ihren Schleier über die versammelten Gläubigen. An diesem Hochfest lobpreist das russische Volk die Gottesgebärerin als Fürbitterin Russlands. Diese Verehrung zeigt die Liebe des russischen Volkes zur heiligen Mutter Gottes, die uns alle beschützt und bewahrt.
Archimandrit Johannes (Krestiankin) sagte: "Unsere Gläubigen, die die große Kraft der Fürsprache der Mutter Gottes kennen, mögen stets mit ihrem Herzen zu den Füßen der Mutter Gottes fallen – mit ihren Seufzen, Bedürfnissen, Sorgen, in allen Anfechtungen und in den Momenten des Weinens über die Sünden. Und Sie, die Freude aller Leidtragenden, unsere Himmlische Mutter, Ihren mächtigen Schleier überstreckend, tritt für uns ein und rettet uns und erbarmt sich unser. Amen". Dieses Zitat erfasst genau die Bedeutung des Namens unserer Gemeinde und das Streben ihrer Gemeindemitglieder, den Schutz der Gottesgebärerin Maria zu erflehen. Die Volksliebe bindet das Hochfest der Mariä Schutz und Fürbitte in den Alltag ein – mit vereinten Kräften der Mitglieder ist die Mariä-Schutz-Gemeinde zum nun festen Bestandteil des orthodoxen Lebens in Bonn geworden. Die Kirche befindet sich am Ufer des Godesberger Bachs; einem besonderen Ort an dem von jeher der Weg der Pilger zum Grabe des Apostel Jakobus verläuft. So wie der Bach einst durch Mühlen strömte, so wird durch sein Strömen entlang des Pilgerweges unsere Kirche mit der christlichen Welt vereint.
Obwohl die Gottesdienste traditionell auf Kirchenslawisch abgehalten werden, wird das Evangelium auch auf Deutsch verkündet. Um den Gottesdienst zu feiern, wird vieles von den Gemeindemitgliedern geleistet: von dem Erhalt der Kirche bis zur ehrenamtlichen Mitarbeit. Die Freiwilligenarbeit zum Gemeinwohl steht im Zentrum des Gemeindelebens. Dabei ist der Vielfalt der Beitragsmöglichkeiten keine Grenzen gesetzt: Gartenarbeit, Putzen, Imkern, Kochen, Singen im Gottesdienst, Renovieren, Unterrichten in der Sonntagsschule.
Der erste Gottesdienst der bonner russisch-orthodoxen Gemeinde fand 1967 in den gemieteten Räumlichkeiten der evangelischen „Rigalschen Kapelle" in Bad-Godesberg statt. Ab 1976 wurde die Gemeinde im Tiefgeschoss der römisch-katholischen Kirche St. Augustinus in Bad Godesberg untergebracht. Anfangs bestand die Gemeinde nur aus ca. 10 Menschen. Doch mit ihrer selbstlosen Hingabe und ihren Gebeten legten diese wenigen Mitglieder das notwendige Fundament, auf dem das kirchliche Leben der heutigen großen Gemeinde nach russisch-orthodoxen Traditionen aufgebaut werden kann.
Im Jahre 2017 fand ein wahrhaft einzigartiges Ereignis in der Geschichte der Gemeinde statt – die Gemeinde fand nun eine dauerhafte Bleibe in den Mauern der neugeweihten Kirche der heiligen apostelgleichen Königin Helena. Diese Kirche war zuvor evangelisch. Der Einzug der Gemeinde in die Hl.-Helena-Kirche war auch für die Stadt Bonn und ganz Westdeutschland ein bedeutsames Ereignis: Mehrere hundert Menschen nahmen an dieser feierlichen Veranstaltung teil. Am selben Tag fand die Weihe der Kirche zu Ehren der heiligen apostelsgleichen Königin Helena statt. Die göttliche Liturgie und die Weihe wurden vom Kirchenvorsteher, Priester Eugen Theodor, geleitet. Am Gottesdienst nahmen weitere Kleriker teil: Erzpriester Valentin Zhochov (Moskau), Erzpriester Dmitry Sobolevsky (Düsseldorf), Erzpriester Alexej Ribakov (Mönchengladbach), Erzpriester Vadim Sadovoj (Wuppertal), Priester Maxim Sadovoj (Duisburg), Erzdiakon Irinikios Schulten (Köln), Diakon Artemij Noskov (Bonn) und Diakon Dionisy Sadovoj (Wuppertal).
Zur Gala waren hochrangige Gäste geladen, wie der Generalkonsul der Russischen Föderation Vladimir Sedych, die Bürgermeisterin Angelika Maria Kappel, sowie der Leiter von
Rossotrudnitschestwo in Deutschland namens Alexander Anissimov. In ihren Reden brachten sie ihre Glückwünsche dem Klerus und der Gemeinde gegenüber zum Ausdruck. Während des festlichen Abends gab es eine Gemäldeausstellung des renommierten Künstlers Anatoly Andrienko aus Köln, sowie die Premiere des Films "Uschakow. Admiral durch Gottes Gnade" des Fernsehsenders "Svesda" zu sehen. Ein Quartett begleitete den Abend mit klassischer Musik und Stücke wurden von den Opernsägern Dmitry Lawrow (Bariton), Dmitry Ivanchey (Tenor) und Ivan Krutikov (Bariton) aufgeführt. Zudem gab es am Galaabend ein Orgelkonzert. Die Bonner Kirche wurde eröffnet.
Seit jeher befindet sich die Mariä-Schutz-Gemeinde in der Hl.-Helena-Kirche in Bad Godesberg. Dabei ist die Stadt Bonn eng mit der heiligen Königin Helena verbunden. Königin Helena, Mutter von Konstantin I. dem Großen, gilt als Gründerin der zwei bedeutendsten Kirchengebäuden der Stadt – ihr Name ist aus der Stadtchronik nicht mehr wegzudenken. Der Legende nach baute die heilige Helena im 4. Jh. Ein kleines Gedenkgrab über den Gräbern von Florentius und Cassius, die heute als Stadtpatronen Bonns verehrt werden. Im Jahre 1135 brachte Pastor Gerhard von Are die Reliquien der heiligen Königin Helena nach Bonn, wodurch die Stadt zu einem bedeutenden Pilgerzentrum wurde. Im 14. Jh. wurde in Bonn an den heiligen Reliquien zwei Krönungen vollzogen.
In der Mariä-Schutz-Gemeinde befindet sich eine Ikone der heiligen apostelgleichen Königin Helena mit Reliquie, die ihren heiligen Gebeinen entnommen wurde. Dadurch ist die existenzielle Verbindung zwischen Betrachter und der Dargestellten besonders stark und beflügelt den Gläubigen zum besonders innigen Gebet - zur Erleuchtung der Seele durch das Göttlichem Licht, das für ein bürgerlich, sozial, politisch tugendhaften und weisen Dienst notwendig ist.
Vor den Reliquien der heiligen Helena können Sie sich in Ihren Gebeten um Hilfe an sie wenden, denn die heilige Helena steht Gott nahe und kann nach unseren Gebeten für unsere körperliche und seelische Heiligung, sowie materielle Hilfe vor Gott eintreten. Der christlichen Geschichte sind bisher nur wenige Frauen bekannt, die des Titels "apostelgleichen" gewürdigt sind - die heilige Königin Helena ist eine von ihnen.
Heilige apostelgleiche Königin Helena, bitte Gott für uns!